9. Mai: Auch die arabische Welt befreit sich

9. Mai: Auch die arabische Welt befreit sich Michael Gaido auf Pixabay

Am 9. Mai wird in Russland des Sieges über den Hitler-Faschismus gedacht. In der Ukraine wurde daraus aktuell der Europa-Feiertag gemacht. Und in Berlin wird das Zeigen russischer Fahnen verboten. Aber es ist noch etwas anderes zu vermelden, nämlich die Abkehr der arabischen Welt vom US-Imperialismus. Das wird die Welt, ähnlich wie 1945, verändern.

Syrien kommt nach 12 Jahren des Ausschlusses zurück in die Arabische Liga. Seit Monaten laufen, vom medialen Getöse gegen den sogenannten Angriffskrieg Putins verdeckt, die Bemühungen einen „arabisch geführten politischen Weg“ zu finden. Erfolgreich, wie es scheint. Moderiert wurde die Herstellung der Einheit der arabischen Völker, die einer Abkehr vom US-Imperialismus gleich kommt, von China. Auch Russlands angeblich so bellizistische Regierung war, vor allem im Falle Syriens, beteiligt. Die Wiederaufnahme Assads in die Arabische Liga markiert nicht nur den Erfolg dieser Politik, sie verdeutlicht, dass eine Abkehr vom Hegemon USA auf friedlichem Weg möglich ist. Und das ist, ähnlich wie der Sieg über den Hitler-Faschismus, von vergleichbar globaler Bedeutung.

Die Militärmacht USA strauchelt und die Versuche der Länder des globalen Südens, sich unabhängig zu machen, sind nicht von vorneherein aussichtslos. Das ist eine enorme Botschaft. Vor dem Ukrainekrieg konnte man in Sonntagsreden hören, China sei die kommende Weltmacht. Vor uns läge das chinesische Zeitalter. Natürlich war das nicht ernst gemeint, sondern Koketterie. Noch ist die Mehrheit der Westler - ich benutze diesen Ausdruck hier bewusst - davon überzeugt, in der besten aller Welten zu leben. Das ist den Europäern nach 1945 von den Amis eingebläut worden - Kalter Krieg hin, Hartz IV her. Die Propaganda von der überlegenen westlichen Kultur und Zivilisation, von der Demokratie und den sozialen Errungenschaften, dem Wohlstand für alle, ist ein phänomenaler Erfolg gewesen. Aber das Narrativ stimmt nicht mit der Realität überein.

Auch wenn der Mainstream in Deutschland, wie in vielen europäischen Nachbarländern, die Veränderungen in der Welt nicht so schnell wahrnehmen möchte, sind diese doch real. Dass in den europäischen Medien, die an der kurzen Leine der US-Oligarchie geführt werden, über die reale Entwicklung nicht berichtet wird, bedeutet  noch lange nicht, dass dies für den Rest der Welt gilt. Und dort lebt die Mehrheit der Menschheitsfamilie. Es sollte aber auch nicht als Entschuldigung dafür erhalten, die Deutschen befänden sich halt im Tal der Ahnungslosen und könnten nichts für ihre Verblendung.

Aber zurück zum chinesischen Zeitalter. Ob das über uns hereinbricht, lässt sich nicht voraussagen, vor allem weil das Bild suggeriert, dass eine Supermacht, die USA, durch eine andere, die chinesische, abgelöst würde. So einfach laufen die historischen Veränderungen nicht. Mit dem Hissen der blau-gelben Flaggen kann nur mühsam verdeckt werden, dass in der Ukraine ein Stellvertreterkrieg tobt. Natürlich sprechen die westlichen Medien ausschließlich vom Sieg Selenskys und vom Untergang Russlands. Aber mit dem amerikanischen Ziel eines Regime Change in Russland und der Zerstückelung der Beute in ihre lukrativen Einzelteile ist es nicht so weit her. Der NATO geht erkennbar die Puste aus. Militärisch und vor allem wirtschaftlich. Die Deutschen müssen sich wieder dran gewöhnen, auf der Verliererseite zu stehen.

Warum das aktuell so läuft, warum nach den vielen Niederlagen des Militärgiganten USA eine weitere hinzuzukommen scheint, soll hier nicht weiter diskutiert werden bzw. einer späteren Einordnung überlassen bleiben. Es mag ausreichen, dass sich nach dem Scheitern der globalen Pandemiepolitik die These vom kollabierenden US-Imperialismus zu bestätigen scheint. Nach der unrühmlichen Niederlage in Afghanistan werden der NATO schon wieder die Grenzen ihrer militärischen Macht gezeigt.

Hervorzuheben ist, dass zeitgleich mit dem Stellvertreterkrieg über das Thema Erhalt der unipolaren Weltordnung nach US-Regeln oder Geburt einer multipolaren Ordnung eine weitreichende, nichtmilitärische Entscheidung gefallen ist. Und zwar in einem gar nicht so entfernten Teil der Welt. Die Region des Nahen und Mittleren Osten ist nicht nur was die Bevölkerungszahl angeht von großem Gewicht. Vor allem ihr Reichtum an fossilen Rohstoffen macht sie zu einer wirtschaftlich zentralen Region. Auch und gerade für den globalen Westen. Das kehrt die westliche Propaganda unter den Teppich. Die Rückkehr Syriens in die Arabische Liga wird offiziell beim nächsten Gipfeltreffen am 19. Mai vollzogen werden. Sie demonstriert der Mehrheit der Menschheitsfamilie eine völlig andere Form der Konfliktregelung.

Um die Bedeutung dieses Vorgangs einordnen zu können, muss man wissen, die Grenzen im Nahen Osten sind ein Ergebnis des Ersten Weltkrieges. Grob gesagt stammen sie aus den Verhandlungen die das Ergebnis dieses Krieges fixierten. In Deutschland ist das vereinfachend als Versailler Abkommen bekannt. Diese Pariser Vereinbarungen haben der Region und ihrer Bevölkerung viel Leid und Tod gebracht. Reichtum konnte nur eine kleine Schicht ergattern. Diese 100 Jahre Geschichte sollen hier nicht referiert werden. Es reicht, wenn wir uns die Zeit nach der Jahrtausendwende und die neukonservative Politik vergegenwärtigen.

Die Golfkriege, die Kriege zwischen Irak und Iran, zwischen Israel und Syrien, aber auch die Entfachung des religiösen Fanatismus im Zentrum der islamischen Welt, die Zerschlagung Libyens und der Bürgerkrieg im Jemen waren die Fortsetzung dessen, was mit dem Sykes-Picot-Abkommen von 1916 begonnen hatte. Es waren immer die Angloamerikaner, welche die Kontrolle über die Energieressourcen mit Betrug und Gewalt zu erhalten versucht hatten. Insofern haben die USA das weitergeführt, was Briten und Franzosen schon während des 1. Weltkrieges begonnen hatten. Und noch haben die USA Truppen im Nordosten Syriens und eignen sich die dortigen Bodenschätze ungeniert an. Genauer gesagt, es sind die westlichen Energiemonopole.

Die fossilen Energieressourcen, gekoppelt mit dem US-Dollar, dem sogenannten Petro-Dollar, waren für mehr als ein halbes Jahrhundert die Grundlage der amerikanischen Vormachtstellung gewesen. Dank ihrer militärischen Überlegenheit konnte die USA, trotz Gründung der Organisationen der ölproduzierenden Staaten, der OPEC, die bestimmende Kraft auf dem Energiemarkt bleiben. Seit der Stellvertreterkrieg in der Ukraine gezeigt hat, dass es mit der militärischen Macht der USA nicht mehr so weit her ist, seit sich vor allem das Bündnis der BRICS mit der Rückendeckung Russlands und Chinas herausbildet, konnten sich die arabischen Völker vom Druck des US-Imperialismus befreien, ihre Spaltungen überwinden und neue Wege der friedlichen Zusammenarbeit finden.

Das gilt für das neue Verhältnis von Saudi Arabien und Iran, für die Verhandlungen der Bürgerkriegsparteien im Jemen, vor allem aber auch für Syrien, das zusammen mit seinen Nachbarländern die Zwistigkeiten beizulegen begonnen hat. Darüber schreiben die Systemmedien nichts oder jedenfalls nicht die Wahrheit. Vor allem nicht, dass die Mediatoren China und im Falle Syriens die Russische Föderation waren. Diese Vorgänge belegen nicht nur den Machtverlust der USA und ihrer Vasallen. Sie demonstrieren vor allem, dass der gewaltsame Erhalt der unipolaren Weltordnung von denen ausgeht, die ihre uneingeschränkte Herrschaft erhalten und ausdehnen wollen. Angefangen von der globalen Pandemiepolitik, der angeblichen Klimakrise, die in Wahrheit die Zerstörung von Natur und Umwelt des Planeten verschleiert, was man zynischer Weise Klimapolitik nennt, bis zum Krieg gegen Russland und - mit unverhohlener Absicht - gegen China.

Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, dass die Bestrebungen für eine multipolare Weltordnung, wie sie jenseits der neokonservativen Macht- und Kultursphäre gedacht und in Angriff genommen wird, keine gewaltsamen Strategien sind, sondern friedlich ins Werk gesetzt werden sollen. Das Narrativ der Neocons vom "War on Terror" und den angeblich demokratie- und freiheitsfeindlichen Kräften, gegen welche der glorreiche globale Westen missionieren und gewissermaßen mit Kreuzzügen zu Felde ziehen muss, sind Rechtfertigungsideologien. Nicht mehr und nicht weniger als Lügen. Die Wiederherstellung der Einheit der Arabischen Liga, welche zeitgleich mit dem Jahrestag des Sieges über den Hitler-Faschismus stattfindet, ist ein Etappensieg auf dem Weg zu einer friedlichen Weltordnung.


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