Wie Selensky daran gehindert wurde, Frieden im Donbass zu schließen... (Teil 2)

Wie Selensky daran gehindert wurde, Frieden im Donbass zu schließen... (Teil 2) KaterynaTsar, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons

... und einen Krieg mit Russland zu vermeiden.

Vom Friedensverfechter zum Kriegstreiber, vom antifaschistischen Komiker zur Galionsfigur des banderistischen Neonazi-Regimes: die unerzählte tragische Geschichte eines westlichen Helden.

Faktenbasierte Antworten auf die Fragen:

  • Wie demokratisch und frei oder faschistisch ist die Ukraine?
  • Was steckt hinter dem Wechsel der Regierung im Jahr 2014,
  • der anschließenden Abspaltung der Krim,
  • dem Bürgerkrieg im Donbass ab 2014 und
  • dem Einmarsch Russlands im Jahr 2022?
  • Welche Rolle spielt der jüdische Präsident Zelensky, der als Friedensstifter gewählt wurde und zum Kriegspräsidenten wurde?

Hier geht es zum ersten Teil.

Die Ursachen des Ukraine-Konflikts – geschichtlicher Rückblick

Es sei daran erinnert, dass Russland seit 2008 immer wieder davor gewarnt hat, dass eine Ukraine in der NATO, die vor allem seit 2014 vorangetrieben wird, eine unannehmbare Bedrohung für das Land darstellen würde, eine existenzielle Bedrohung, weil dies bedeuten würde, dass die USA nach Rumänien und Polen auch in der Ukraine nuklearfähige Raketen stationieren könnten, die Moskau innerhalb von drei bis fünf Minuten erreichen könnten. Damit würde Moskau die Zweitschlagskapazität, d.h. das abschreckende Gleichgewicht des Schreckens, entzogen. Moskau hat deutlich gemacht, dass es militärisch eingreifen müsste, wenn diese existenzielle Bedrohung eintreten würde. Alle russischen diplomatischen Bemühungen, diese Bedrohung abzuwenden, wurden vom kollektiven Westen abgeschmettert. Der letzte Versuch des russischen Präsidenten war ein Schreiben an den US-Präsidenten und den NATO-Generalsekretär vom 17. Dezember 2021, in dem er die NATO dringend um Sicherheitsgarantien bat. Der kollektive Westen war erneut nicht bereit, solche Garantien zu geben.

Um zu verstehen, wie es dazu kam, sollten wir mit der Gründung der NATO und ihres östlichen Pendants beginnen: Kurz nachdem all die heiligen Schwüre geleistet worden waren, dass Deutschland – wie Japan – auf jede militärische Aufrüstung verzichten würde, um zu garantieren, dass nach der zivilisatorischen Katastrophe des Zweiten Weltkriegs kein Krieg mehr von Deutschland ausgehen würde, wurde die Bundesrepublik Deutschland von ihrem transatlantischen Kanzler Konrad Adenauer in das westliche Militärbündnis geführt.

Als Antwort darauf, ich wiederhole: Als Antwort darauf gründeten acht Länder des Ostblocks den Warschauer Pakt. Das östliche Verteidigungsbündnis wurde also durch die Aufrüstung Westdeutschlands ausgelöst und nicht umgekehrt.

Der Warschauer Pakt löste sich zusammen mit der UdSSR auf. Und die NATO führte ihre so genannte Osterweiterung durch und wuchs auf 28 Mitglieder an, entgegen der Zusage [1], “keinen Zentimeter nach Osten zu expandieren” [2]. Infolgedessen fühlte sich Russland zunehmend eingekreist – und verraten.

Erschwerend kam hinzu, dass die NATO 2001 – nach den Anschlägen vom 11. September – nicht nur den Bündnisnotstand ausrief, sondern deutsche Truppen in Afghanistan einmarschierten, angeblich zur Verteidigung der Demokratie am Hindukusch. Noch gravierender war die militärische Intervention mit deutscher Beteiligung am so genannten Kosovo-Krieg, bei dem die NATO terroristische Luftangriffe auf das damalige Jugoslawien und unter anderem auf Belgrad durchführte. Dies war mit Sicherheit völkerrechtswidrig, da es kein UN-Mandat dafür gab; außerdem war die Bombardierung Belgrads sehr wahrscheinlich ein Kriegsverbrechen.

Erinnern wir uns auch daran, wie die USA auf die Bedrohung reagieren, von feindlichen, mit nuklearfähigen Raketen bewaffneten Kräften eingekreist zu werden, indem wir das Beispiel der so genannten kubanischen Raketenkrise heranziehen, die durch die Monroe-Doktrin der USA ausgelöst wurde. Diese Politik verbietet die Stationierung von Raketen von Gegnern in der Nachbarschaft der Vereinigten Staaten (d.h. in diesem Fall von russischen Raketen auf Kuba). Washington war damals entschlossen, wegen dieser Raketen den Dritten Weltkrieg zu riskieren.

Zwei Monate nach dem Brief von Wladimir Putin, der nichts bewirkt hat, begann der Einmarsch Russlands in die Ukraine. Das Ziel war jedoch nicht, die gesamte Ukraine zu erobern. Es gibt keine Beweise dafür, dass Moskau ein Großrussland, eine Art Sowjetunion und Warschauer Pakt 2.0, schaffen will, wie im Westen behauptet wird. Äußerungen von Wladimir Putin, die von den westlichen Medien nicht erwähnt werden, deuten sogar auf das Gegenteil hin. Es macht auch keinen Sinn: Die Russen wissen, dass die Sowjetunion enorme Mittel aufgewendet hat, um die Sowjetrepubliken unter Kontrolle zu halten, was zur Erschöpfung und zum Zusammenbruch der UdSSR beitrug. Außerdem ist sich Moskau bewusst, dass eine Besetzung der gesamten Ukraine mit einer noch größeren Niederlage enden würde als die damalige Besetzung Afghanistans im Jahr 1989. Den Erklärungen Moskaus zufolge geht es Russland in erster Linie um die Sicherheit der gefährdeten russischsprachigen Gemeinschaft im Osten des Landes.

Russland marschierte im Februar 2022 mit 90.000 Soldaten ein, während die Ukraine über etwa 800.000 Soldaten verfügte. Um das ukrainische Militär zu besiegen, wäre ein Kräfteverhältnis von 1:3 erforderlich gewesen, d.h. Russland hätte über 2.000.000 Soldaten auf ukrainischem Boden benötigt. Dies hätte eine allgemeine Mobilisierung mit der Rechtfertigung eines “Krieges” anstelle der “besonderen militärischen Operation” erfordert. Für letztere konnten weniger Truppen und Söldner eingesetzt werden. Außerdem beschränkte Russland seine Vorstöße auf die Peripherie. Der Grund: Es erwartete, dass der Westen verhandeln würde. Durch den Einmarsch einer relativ kleinen Truppe zeigte Russland jedoch, dass es ihm mit seiner Forderung nach einer neutralen Ukraine und einem Ende der Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung im Donbass ernst war. Aber auch hier war der Westen nicht bereit zu verhandeln und zog es vor, den Krieg zu eskalieren.

Mehr als ein Jahr nach dem Einmarsch mit einer bloßen Vorhut (die den ukrainischen Streitkräften zahlenmäßig und waffentechnisch weit unterlegen war) hat Russland nicht den Großteil seiner Armee mit ihrer überwältigenden Feuerkraft in den Konflikt eingebracht (sondern hauptsächlich die private Wagner-Armee), was einmal mehr die Verschwörungstheorie der NATO und ihrer Anhänger widerlegt, dass das angeblich imperialistische Russland die gesamte Ukraine annektieren (und anschließend in andere europäische Länder einmarschieren) möchte. Und warum sollte das größte Land der Welt, das sich über 11 Zeitzonen erstreckt, daran interessiert sein, seine Last durch die Einverleibung eines armen, korrupten und anderweitig problematischen Landes zu vergrößern?

Professor John Mearsheimer von der Universität Chicaco liefert eine gründliche Analyse [3] der heutigen Konfliktsituation in der Ukraine, der Akteure und der Perspektiven. Mearsheimer erklärt, dass Russland nicht aus einem angeblichen imperialistischen Expansionismus heraus handelt, sondern aus einer Position der strategischen Verteidigung.

Eliot Cohen ist ein gutes Beispiel dafür, wie nicht nur die Medien, sondern auch das akademische Establishment im Westen versuchen, das Narrativ des Ukraine-Konflikts zu beeinflussen und zu formen, anstatt ihn unabhängig und unvoreingenommen zu beleuchten. Er ist Professor an der School of Advanced International Studies der Johns Hopkins University und Inhaber des Arleigh-Burke-Lehrstuhls für Strategie am Center for Strategic and International Studies. Statt eines fundierten und sachlichen Artikels veröffentlichte er in The Atlantic ein weiteres Pamphlet, in dem er zum Sieg der Ukraine (mit unbegrenzter NATO-Unterstützung) und zum Stossen der Atommacht Russland über die Klippe aufrief, weil Russland seiner Verschwörungstheorie zufolge “imperialistisch” ist.

Und natürlich ist Putin ein Autokrat und Selensky ein Demokrat, wenn man ihm glaubt. Der ukrainische Präsident ist zweifellos das, wofür Cohen und Gleichgesinnte ihn halten, ein Bollwerk der Freiheit, wenn man einmal davon absieht, dass er unter massivem Druck der Banderisten Oppositionsparteien und unabhängige Medien verboten hat, Minderheiten diskriminiert und sogar auf die russischsprachige Minderheit im Donbass schießen ließ (Details später).

Das Ergebnis der “fortgeschrittenen Studien” von Prof. Eliot A. Cohen ist eine Angstmacherei vor dem russischen, nicht dem amerikanischen Imperialismus. Wäre er in der Lage, diese beiden Prüfungsfragen richtig zu beantworten: 1. Welches Imperium hat die meisten Militärstützpunkte in der Welt und wie viele; welches Imperium hat Russland und China eingekreist und welches Imperium hat die Vereinigten Staaten eingekreist? Richtige Antwort auf die 1. Frage: Die Vereinigten Staaten haben mehr als 800 Militärstützpunkte auf der ganzen Welt, darunter Dutzende, die Russland und China einkreisen. Im Vergleich dazu haben Russland und China nur eine kleine Anzahl von Stützpunkten außerhalb ihrer Grenzen und weit entfernt von den Vereinigten Staaten. 2. Haben Sie schon einmal von der Pazifikinsel Saipan gehört? Richtige Antwort auf Frage 2: Ja, sie ist ein weiterer US- Luftwaffenstützpunkt geworden. (Screenshots: Schlagzeile aus Eliot A. Cohens Artikel in The Atlantic, links, und Schlagzeile des FP Foreign Policy Magazine, rechts, über China, das neben Russland von US-Militärbasen eingekreist ist).

Selbstverständlich gibt es von Professor Cohen keine Tirade gegen die imperialistischen USA. Er und seine gleichgesinnten Kollegen ignorieren die Studie der Brown University vom Mai 2023 darüber, wie viele Menschenleben die Kriege der USA seit dem 11. September gekostet haben. Der Studie zufolge wurden 4,5 bis 4,6 Millionen Menschen Opfer [4] illegaler, von den USA geführter oder unterstützter Angriffskriege, wobei etwa eine Million direkt bei Kampfhandlungen getötet wurden und der Rest Opfer der Kriegsfolgen wurde. In einer Studie aus dem Jahr 2020 mit dem Titel “Kosten des Krieges” kam die Brown University zu dem Schluss, dass die US-Kriege seit dem 11. September 2001 auch fast 60 Millionen Flüchtlinge [5] weltweit verursacht haben. Frühere Kriege wie der Vietnamkrieg und der Koreakrieg, die in der Studie nicht berücksichtigt wurden, haben noch viel mehr Millionen Tote verursacht.

US-Luftwaffengeneral Curtis LeMay, der Leiter des strategischen Luftkommandos während des Koreakrieges, erklärte 1984 dem Office of Air Force History, dass

“wir dorthin gingen und den Krieg führten und schließlich jede Stadt in Nordkorea niederbrannten. (…) Über einen Zeitraum von etwa drei Jahren töteten wir – was – 20 Prozent der Bevölkerung.” The Washington Post [6]

Wenn Cohen sich die Zahlen angesehen hätte, wäre ihm aufgefallen, dass in den letzten 120 Jahren Nazi-Deutschland und die Vereinigten Staaten für die meisten Kriegstoten verantwortlich waren.

Arthur Seyss-Inquart, der Hochkommissar des nationalsozialistischen Deutschlands in den Niederlanden, wurde auf Betreiben der Vereinigten Staaten vor dem Nürnberger Tribunal für seine Verbrechen angeklagt und gehängt, unter anderem für seinen Versuch, 1944 Ackerland zu überfluten. Während des Koreakriegs zerstörte die US-Luftwaffe die Kusong- und Toksan-Bewässerungsdämme (es war kein bloßer Versuch), die 75 % der nordkoreanischen Nahrungsmittelproduktion mit Wasser versorgten, was zu Überschwemmungen in der Landwirtschaft und einer Massenverhungerung führte. Während des Vietnamkriegs, den die Vietnamesen als “amerikanischen Krieg” bezeichnen, bombardierte die US-Luftwaffe erneut Deiche, was zur Überflutung von Ackerland in mehreren Provinzen führte. Das US-Militär hat in Vietnam [7], Irak [8], Afghanistan [9] und anderswo unzählige unschuldige Zivilisten ermordet.

Keiner der amerikanischen Kriegsverbrecher wurde jemals strafrechtlich verfolgt. Gegen die Vereinigten Staaten wurden keine Sanktionen verhängt. Kein amerikanischer Präsident war Gegenstand einer strafrechtlichen Untersuchung durch ein internationales Gericht. Selbst der “Gulag unserer Zeit” [10] (Bezeichnung von Amnesty International) in Guantanmo, wo Gefangene von den Vereinigten Staaten ohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgehalten und brutal gefoltert [11] werden, in einigen Fällen mehr als 20 Jahre lang, ist der Europäischen Union kein Wort der Kritik wert. Von US-Musikern wurde nicht verlangt, dass sie sich öffentlich gegen die brutalen Angriffskriege der USA aussprechen oder sich von der Politik der US-Präsidenten distanzieren, bevor sie in Europa auftreten, wie es russische Sportler tun. Und Sportler aus den USA wurden nicht wie russische Sportler von internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen. Offensichtlich haben Cohen und gleichgesinnte “Experten” kein Problem mit dieser Doppelmoral.

Cohen ignoriert absichtlich die Ursachen des Ukraine-Konflikts und Russlands erklärte Ziele. Er ist ein lebhaftes Beispiel dafür, wie voreingenommen, unverantwortlich und unprofessionell nicht nur die Medien, sondern auch ein großer Teil des westlichen akademischen Establishments, das sich “Wissenschaftler” nennt, geworden sind.

Der ganze Aufsatz von Felix Abt kann hier gelesen werden.

Die PDF-Version des zweiten Teiles ist zum Ausdrucken unten angehängt.

[1] https://original.antiwar.com/ted_snider/2023/07/16/was-no-nato-expansion-east-more-than-a-promise/
[2] https://scheerpost.com/2022/02/24/not-one-inch-eastward-how-the-war-in-ukraine-could-have-been-prevented-decades-ago/
[3] https://www.youtube.com/watch?v=v-rHBRwdql8
[4] https://watson.brown.edu/costsofwar/files/cow/imce/papers/2023/Indirect%20Deaths.pdf
[5] https://watson.brown.edu/costsofwar/files/cow/imce/papers/2020/Displacement_Vine%20et%20al_Costs%20of%20War%202020%2009%2008.pdf
[6] https://www.washingtonpost.com/opinions/the-us-war-crime-north-korea-wont-forget/2015/03/20/fb525694-ce80-11e4-8c54-ffb5ba6f2f69_story.html
[7] https://www.thenation.com/article/archive/nick-turse-us-military-regularly-killed-civilians-vietnam/
[8] https://www.npr.org/2021/12/25/1067966116/u-s-air-strikes-have-killed-thousands-of-civilians-nyt-magazine-investigation-fi
[9] https://www.rollingstone.com/politics/politics-news/the-kill-team-how-u-s-soldiers-in-afghanistan-murdered-innocent-civilians-169793/
[10] https://www.cbsnews.com/news/amnesty-calls-guantanamo-a-gulag/
[11] https://www.aljazeera.com/news/2021/10/29/in-first-guatanamo-detainee-details-cia-torture-in-court

 


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