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Magnesium-Mangel zur Rettung des Klimas?

Bild von Ralf Vetterle auf Pixabay Bild von Ralf Vetterle auf Pixabay

Rohstoffe und Energie sind momentan knapp.

Dass dafür auch die Klimaziele Chinas verantwortlich sind, zeigt den Widerspruch zwischen Kapitalismus und Ökologie.

Ärgerlich, wenn man im Baumarkt steht und auf die halbleeren Regale schaut, in denen man gewohnt ist Balken und Plattenmaterial aus Holz zu finden. Die dort ausgestellten Waren sind von eher schlechter Qualität und werden dazu noch zu ungewohnt hohen Preisen angeboten.

Momentan sind die Rohstoffe eben knapp. Das spürt der Endverbraucher, doch vor allem die Industrie leidet sehr stark darunter und hat mit hohen Preisen und lange Wartezeiten zu kämpfen. Es fehlt vor allem an Holz, Metallen und Halbleitern, doch auch Kunststoffe und andere Rohmaterialien werden zunehmend knapp und teuer. [1,2]

Eine Situation, die in unserem Wirtschaftssystem fatale Folgen haben kann: Neben einer deutlichen Zunahme von Insolvenzen wären langfristig eine höhere Arbeitslosigkeit und eine spürbare Geldentwertung die Folge. So berichtet die Wirtschaftswoche:

"Die davon besonders betroffenen Autobauer produzieren in Deutschland mittlerweile nur halb so viele Wagen wie vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie – und reduzieren Aufträge bei Zulieferern." [3]

Darüberhinaus machen steigende Preise für Strom, Gas und Öl die Situation nicht leichter. Als Ursache hierfür wird für Deutschland neben einer hohen Nachfrage auch die CO2-Steuer verantwortlich gemacht, die helfen soll, unser Klima zu retten [4,5,6].

Doch auch die chinesische Regierung strebt an, den Energieverbrauch und damit seine CO2-Emissionen zu reduzieren. Es sind auch die dort gesetzten, harten Ziele, die dazu führen, dass in China ebenfalls die Energie knapp wird [7] und energieintensive Produkte wie Magnesium, Aluminium, Stahl und Silizium nun in geringerem Maße produziert werden. So führt der Fokus als Beispiel die Magnesiumproduktion der Stadt Yulin an:

"Hier in der Provinz Shaanxi, rund 470 Kilometer südwestlich von Peking, haben sich rund 60 Prozent der chinesischen Magnesium-Produzenten angesiedelt. Shaanxi ist seit den 1950er Jahren eine Region, die von der Kohleverstromung und Schwerindustrie lebt. Doch die Emissionsziele für 2021 lassen sich hier nur noch mit drastischen Maßnahmen erreichen. So dürfen neue Werke bis Jahresende gar nicht mehr öffnen, alte Werke müssen ihre Produktion um 60 Prozent verringern. Wer in seinem Werken nicht gewisse Energiespar-Standards erfüllt, muss sogar komplett schließen." [8]

Dass die Umsetzung unserer Klimaziele nicht leicht sein würde, war vorauszusehen, da Wachstumskapitalismus und die ökologische Bewegung im Kern in diametral entgegengesetzte Richtungen streben. Doch dass auch Chinas Bemühungen uns so hart treffen, damit hat wohl keiner gerechnet. Zu bequem war es auf das "schmutzige" China zu zeigen und gleichzeitig ressourcenintensive Rohstoffe von dort zu beziehen.

Ob das jetzt alles nur Klimaschutz ist, oder China der Welt auch einfach einmal zeigen will, wo der Hammer hängt, ist schwer zu sagen. Jedenfalls wird in Bezug auf den Rohstoffmangel schon diplomatisch reagiert. Auf der anderen Seite begründet der Westen seine Rüstungspolitik zunehmend mit der wirtschaftlichen "Bedrohung" durch China [10, 11].

Wie widersprüchlich die Situation ist, zeigt sich, wenn die EU trotz der Ressourcenknappheit Einfuhrzöllen (möglicherweise "Schutzzölle") zur Rettung des Klimas plant:

"Brüssel arbeitet bereits konkret an sogenannten Kohlenstoff-Einfuhrzöllen auf besonders energieintensive oder klimaschädliche Produkte. Konkret betroffen sind Stahl, Zement, Düngemittel oder Aluminium, wie aus einem Eckpunktepapier der EU-Kommission hervorgeht, das dem SPIEGEL vorliegt." [9]

Am Ende könnte es darauf hinauslaufen, dass China sein eigenes Wirtschaftswachstum nicht gefährdet und wieder die "dreckigen" Rohstoffe liefert. Die können wir dann verarbeiten und dabei die grüne Moralkeule schwingen -- und den Wachstumskapitalismus noch ein wenig am Leben erhalten.

Liest man die genannten Artikel, scheint jedenfalls niemand ernsthaft davon auszugehen, dass diese Situation längerfristig anhalten wird [12]. Denn würde man den "ökologischen Weg" konsequent durchdenken, käme man nicht daran vorbei, in Zukunft mit Rohstoffen und Energien sparsam umzugehen. Doch das wird der Wachstumskapitalismus nicht mitmachen, denn

"Es ist der unheimliche Sog des Konsums, den der Kapitalismus erzeugte und von dem dieser jetzt gestützt wird. In ihm sollen die Bedürfnisse eben gerade nicht befriedigt werden. 'Es geht darum, stets offene und immer intensivere Wünsche zu haben.'" [13]

Und dafür benötigt man eben jede Menge Energie und Rohstoffe.

 

Quellen und Verweise:
[1] Heise: Rohstoffmangel setzt der Industrie zu und trifft die Verbraucher
[2] Handelsblatt: Zusätzliche Preissteigerung um 30 Prozent bis Jahresende: Wie Holz und andere Rohstoffe noch teurer werden
[3] Wirtschaftswoche: Materialmangel erhöht Pleitegefahr
[4] Fokus: Hohe Energiepreise bedrohen nun den wirtschaftlichen Aufschwung
[5] Wirtschaftswoche: Den Mittelstand treffen die Strompreise wie ein Schlag
[6] Wirtschaftswoche: Wirtschaftsverband warnt vor Firmensterben
[7] Handelsblatt: China stellt Unternehmen den Strom ab
[8] Fokus: China stoppt Magnesium-Produktion
[9] Spiegel: EU plant offenbar CO2-Grenzzölle
[10] InfoSperber: Die US-Kriegskasse wächst mal wieder
[11] Blautopf: Eine Position der Stärke in alter deutscher Tradition
[12] Spiegel: Deutsche Firmen sitzen auf Auftragsberg
[13] InfoSperber: Von der Vergangenheit lernen


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