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Wer den Amis hinten rein kriecht...

Energieversorgung mit Erdgas erobert die Welt Energieversorgung mit Erdgas erobert die Welt Gerd Altmann auf Pixabay

... muss dafür bezahlen.

Deutschland schliesst Gasliefervertrag mit Norwegen zu höheren Preisen, als sie für russisches Gas jemals gezahlt wurden.

Das norwegische Energieunternehmen Equinor, ex Statoil, hat einen 10-Jahres-Vertrag mit der deutschen Energiegesellschaft SEFE unterzeichnet. Laut Vertrag wird Equinor vom 1. Januar 2024 bis 2034 jährlich 111 TWh (10 Milliarden Kubikmeter) Erdgas zu einem festen Preis liefern. Der Vertrag kann um weitere fünf Jahre verlängert werden, dann allerdings zu Marktpreisen. SEFE ist ein Akronym für „Securing Energy for Europe GmbH“ in Berlin, das seit dem 20. Juni 2022 zu 100 Prozent in deutschem Staatsbesitz überführt wurde. Schon der amerikanische Name spricht Bände über Gewinner und Verlierer am Gasmarkt. Zuvor war SEFE Teil des russischen Gaskonzerns Gazprom und firmierte unter dem Namen Gazprom Germania GmbH. Die Firma wurde nach dem Beginn des Ukrainekrieges von der deutschen Regierung erst einmal unter treuhänderische Verwaltung der Bundesnetzagentur gestellt und dann verstaatlicht.

Der von Equinor und SELFE geschlossene Vertrag soll in etwa ein Drittel des gegenwärtigen Gasbedarfs der deutschen Wirtschaft abdecken. Er hat – interessanterweise einschließlich der fünfjährigen Verlängerung – einen Wert von rund 50 Milliarden Euro. Wie aus dem Papier hervorgeht, müssen die Norweger in den nächsten fünf Jahren zusätzlich 319 TWh, etwa 29 Milliarden Kubikmeter, liefern. Berechnet man die Gaskosten für das gesamte Liefervolumen über 15 Jahre ohne Berücksichtigung der Preisänderungen in den letzten fünf Jahren und unter Verwendung des aktuellen Wechselkurses zur Umrechnung von Euro in Dollar, dann werden die Norweger 129 Milliarden Kubikmeter Gas zu einem Preis von 422 Dollar pro tausend Kubikmeter nach Deutschland liefern. Ein stolzer Preis.

Im Vergleich zu der Zeit vor dem deutschen Ausstieg aus dem Gasgeschäft mit Russland im Jahr 2022 liegen die Gaspreise inzwischen viel höher. Noch im Jahr 2021 hatte der Durchschnittspreis für russisches Pipeline-Gas 274 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter betragen. Im Jahr 2020 waren es sogar nur 140 Dollar pro 1.000 Kubikmeter gewesen. Zu Beginn dieser Woche kostete Gas in Europa etwa 380 Dollar pro tausend Kubikmeter. Die aktuellen Gaspreise liegen zwar nicht auf Rekordniveau, aber solche Rekorde mit über tausend Dollar und mehr waren erst im letzten Jahr verzeichnet worden, auch wenn sie nicht lange anhielten. Die aktuellen Preise können aber auch nicht als historisch niedrig bezeichnet werden. Im Gegenteil, die drei Mal so hohen Zahlen verdeutlichen, welchen Vorteil die deutsche Wirtschaft auf US-Druck aufzugeben gezwungen war. Eine ökonomische Vernichtungsstrategie. 

Deutschland ist seit Beginn der norwegischen Gasexporte im Jahr 1977 ein wichtiger Markt für norwegische Energieunternehmen. Und norwegisches und russisches Erdgas hatten in diesen Jahrzehnten in friedlicher Koexistenz nebeneinander existiert. Das hat sich mit der Sprengung der North Stream Pipeline verändert. Zwischen der Rolle Norwegens bei diesen Aktivitäten und den Gewinnen, welche die norwegische Gasindustrie jetzt „erwirtschaftet“, besteht ein deutlicher Zusammenhang. Die Aggression hat sich gelohnt. Dagegen hilft es auch nicht, wenn der Kanzler auf dem gerade abgeschlossenen SPD-Parteitag widerholt das Mantra verkündet, an allem Elend der deutschen Wirtschaft sei Putin schuld. Und schon gar nicht, wenn der Vorstandsvorsitzende von SEFE, Egbert Lage, erklärt, dass die Erdgaslieferungen vom norwegischen Festlandsockel eine zuverlässige Quelle für die europäischen und deutschen Verbraucher sei. Ein Ökonom scheint er nicht zu sein.

Denn die Unterzeichnung des Vertrags zwischen SEFE und Equinor wird nicht dazu beitragen, Deutschlands Energieprobleme zu lösen. Nach einem halben Jahrhundert des zuverlässigen Bezugs von billigem russischen Erdgas, das zur florierenden deutschen Wirtschaft beigetragen hatte, zeigen die Zahlen des Equinor/SEFE Vertrages das Gegenteil. Er ist Grundlage für den wirtschaftlichen Niedergang. Deutsche Ökonomen haben die Deindustrialisierung als die größte Bedrohung für die Wirtschaft wie das soziale Leben ausgemacht. Da spielen die astronomisch hohen Gas- und Strompreise eine zentrale Rolle. Und der jetzt veröffentlichte Vertrag ist geradezu ein Paradebeispiel für das Dilemma, in das der Hegemon USA und seine Vasallen das Land gestürzt haben. Es ist nicht verwunderlich, wenn immer mehr Unternehmen ihre Produktion in Länder mit günstigeren Energiepreisen, darunter die Vereinigten Staaten, verlagern oder sie verlagern wollen.

Es ist erwähnenswert, dass die Unterzeichnung dieses Gasvertrags zwischen SEFE und Equinor mit der Eskalation der Spannungen im Roten Meer und im Suezkanal aufgrund des Jemenkonfliktes und Angriffen der Houthis auf Seeschiffe zusammenfällt. Diese Angriffe beschränken sich nicht auf Schiffe, die nach Israel fahren, von dort kommen oder mit dem jüdischen Staat in irgendeiner Weise verbunden sind. Brüssel und Berlin gehen zwar davon aus, dass das Abkommen den europäischen Gasmarkt „stabilisieren“ werde, der im vergangenen Jahr „erheblichen“ Schwankungen ausgesetzt war. Ob aber ein weiterer Krieg des globalen Westens irgendetwas stabilisiert, bleibt fraglich. Die Erfahrungen der Kriege in der Ukraine und in Gaza sprechen eher für das Gegenteil.

Quellen und Verweise:
Germany signs gas supply deal with Norway at much higher prices than they paid for Russian gas, SCOBRICS insight, 21.12.2023
SEFE Securing Energy for Europe GmbH in Wikipedia

 


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