Die Deutschen und die Juden – eine problematische Aufarbeitung

Die Deutschen und die Juden – eine problematische Aufarbeitung Bild von Evgeni Tcherkasski auf Pixabay

Wieder wurde jemand in Deutschland wegen Volksverhetzung angeklagt.

Was ist hier los?

Vor ein paar Wochen wurde der bekannte coronamaßnahmenkritische Arzt und Wissenschaftler Sucharit Bhakdi wegen Volksverhetzung angeklagt – und schließlich freigesprochen. Jedoch hat die Staatsanwaltschaft bereits Rechtsmittel angekündigt um auf einer höheren Ebene weiterzuverhandeln. Auch laufen Bemühungen, ihm seinen Professorentitel abzuerkennen.

Bhakdi, der selbst viele jüdische Freunde hat, wurde vorgeworfen, im April 2021 in einem Interview wegen seiner kritischen Äußerungen über die Impfpolitik Israels zum Hass gegen in Deutschland lebende Juden aufgestachelt zu haben.

Außerdem hätte Bhakdi die Impfpflicht mit Taten im Holocaust verglichen, somit den Holocaust verharmlost. Der Vergleich zwischen dem Holocaust und einer Impfpflicht sei nicht akzeptabel, aber nicht jeder Vergleich sei Volksverhetzung, hieß es dann aber in der Begründung des Urteils.

Ein anderer aktueller Rechtsfall betrifft den weniger bekannten 54-jährigen Robert Höschele, der wegen einer Rede bei einer Coronademo im Februar 2021 in München angeklagt wurde. „Volksverhetzung“ und „Holocaust-Leugnung“ wurden ihm vorgeworfen. Er wurde zu 120 Tagessätzen verurteilt – somit gilt er als vorbestraft.

Höschele, ein bekennender Jude, der ursprünglich aus Usbekistan stammt, ist ein C-Aktivist der ersten Stunde. Er hat schon 30 Demos organisiert, wurde bereits sechsmal verhaftet und hat bisher sieben Verfahren und sechs Verurteilungen hinter sich. Er ist CSU-Mitglied sowie im Vorstand der Union der Vertriebenen in Oberbayern und in der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. Außerdem kämpft er dafür, dass die für die Corona-Maßnahmen Verantwortlichen vor allem in der bayerischen CSU für ihre Untaten endlich zur Rechenschaft gezogen werden.

In einem Interview spricht Höschele über das Urteil:

“Das ist doch eine Pervertierung des § 130, der in meinen Augen wirklich sinnvoll ist bzw. war. Darin heißt es u.a.

'Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.'

Die Taten der Deutschen zu verharmlosen, käme mir wirklich nicht in den Sinn. Die heutigen Verantwortlichen verstecken sich hinter 6 Millionen Toten, für die sie bzw. ihre Vorfahren verantwortlich sind. Ich habe den Staat aufgrund der völlig ungerechtfertigten Maßnahmen angegriffen und dafür wenden sie den 130er auf die zwei Zitate von mir an. (1)

Aber dass sie diesen Paragraphen jetzt gegen einen Juden anwenden, der vor den Anfängen warnt, ist in meinen Augen positiv. Es macht die ganze Absurdität überdeutlich, sodass mehr und mehr Menschen merken, dass da etwas nicht stimmen kann, mit diesem 'Rechts'staat. Sichtbarkeit ist daher mein Hauptanliegen. Ich kann die 120 Tage im Bau aushalten – aber ich ziehe das auch bis zur obersten Instanz durch. Ich stehe ja zu dem, was ich gesagt habe.“

Die in Deutschland wenig bekannte amerikanische Jüdin und Holocaustüberlebende Vera Sharev, die in Bayern wegen "Leugnung des Holocaust" angeklagt wurde, hat kürzlich mit Nachdruck auf den Zusammenhang von Faschismus und Gegenwart aufmerksam gemacht. Sie betonte die Tatsache, dass die Zensur von Sprache und Denken einem Genozid vorausginge. Zwar führe nicht jeder Akt der Zensur zu einem Völkermord, doch könne eine Wiederholung solch schrecklicher Verbrechen wie des Holocausts nur durch entschlossenen Widerstand gegen jede Verletzung der Rechte von Minderheiten verhindert werden. Sharev, die sich besonders gegen die weltweite Zentralisation ausspricht endet ihre Rede mit den Worten:

„Lasst hundert Blumen blühen und hundert Denkschulen gedeihen.“

Überall auf der Welt wurden und werden immer noch Kritiker verfolgt, die die totalitären Maßnahmen von Regierungen während der Coronajahre ansprachen. Sie wagten es, auf die drohende Gefahr aufmerksam zu machen, die von der Hinnahme scheinbar gut gemeinter Grundrechtseingriffe ausgeht, und Parallelen zu den Aktionen der Nazis im Dritten Reich zu ziehen.

Wenn eine der wenigen Überlebenden des Holocaust die Nachkommen der Holocaust-Verursacher an die Voraussetzungen die zu diesem führten, erneut mit Nachdruck erinnern muss, dann ist es höchste Zeit sehr aufmerksam zuzuhören statt wegzuhören.

Nun muss man aber noch etwas zum Rechtlichen sagen. Beiden, Sharev und Höschele wird "Holocaust-Verharmlosung bzw. -Leugnung" vorgeworfen. Dabei geht es beim §130 gar nicht speziell um den Holocaust, sondern um eine “unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung". Also betrifft er auch die Millionen nicht jüdischen Opfer.

Könnten wir uns daher nicht mit gutem Recht fragen, ob die sehr deutsche Fixierung auf die Ermordung der Juden nicht das ganze Ausmaß der NS-Verbrechen verharmlost?

(1) Ganzer Redetext von Robert Höschele

Verweis:
Blautopf • Darf man denn das, Corona und Nazionalsozialismus zusammendenken?

 


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